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S wie Schuhspitzen (2011)

Ausgerechnet bei einem dieser seltenen und wie immer leicht widerwilligen Besuche eines Möbelriesen begegnete ich dieser „Fauteuil-Aktion“. Ich war als Begleiter mitgegangen, bedingte mir aus, punkt neun Uhr, als erster Kunde einzutreten, um bald wieder flüchten zu können. Doch vorfreute ich mich auf die süssen nordischen Trockengebäcke, die mir, wie einem Hund für seinen Gehorsam, nach der Kasse winken würden.

So schlenderte ich mit durch diese endlosen, noch fast menschenleeren Ausstellungsräume. Genoss die vielen Farben, Formen und liess überrascht aufkommende Wünsche flüchtig in mir zu. Vielleicht auch im sichereren Bewusstsein, meine kleine Mansarde eher entschlacken als weiter schmücken zu wollen.

Dann stand ich vor diesem kubischen und doch filigranen schwarzen Fauteuil. Sah ihn wunderbar passend in meinem Zimmer, neben der Leselampe, meine Beine leicht hoch gelagert, mit Tee und Buch in der Hand... Wie kommt ein kubischer Fauteuil vom Möbelgeschäft in mein Dachstockzimmer? Sicher könnte ich ihn für einen moderaten Aufpreis komfortabel nach Hause liefern lassen. Doch wollte ich meinen Fauteuil am selben Abend geniessen.

So sah ich mich diesen Koloss, verkehrt mit der Sitzfläche auf meinen Schultern, zur Busstation, dann zur Zugstation und schliesslich noch in mein Zimmer hoch schleppen. Gedacht, getan. Leider fehlte im Lager der Fussrahmen (ähnlich einem Velo ohne Pneu). Sie entschuldigten sich dafür und würden ihn in einer Woche kostenlos nach Hause liefern. „Ist gut so, ich nehme ihn jetzt mit und komme nächste Woche wegen dem Fussrahmen nochmals vorbei.“ (Und natürlich auch wegen den so wunderbaren Guetzli).

Also war ich unversehens über zwei Wochenenden in diesen für mich so unsäglichen Einkaufsrummel eingebunden. Verflixt...

Bei der Warenausgabe schüttelten sie leicht den Kopf. Einerseits den Fauteuil auszupacken und andererseits ihn auf meine Schultern zu hieven. Als kleine Aufmerksamkeit für den fehlenden Fusssockel bekam ich einen Gutschein für ein „Schweinsschnitzel, Pommes mit Getränk“. Als Vegetarier wollte ich den Gutschein zuerst refüsieren, steckte ihn dann aber einfach ein.

So zottelte ich mit gebeugten Schultern, Hände kopfüber und einem sehr reduzierten Blickfeld, einzig geführt durch die Stimme meiner Begleiterin, die dreihundert Meter zur Busstation. Und – trampelte beinahe ein Kind fahrlässig nieder. Dies die Worte der sehr erbosten Mutter. Ich sah nur ihre Füsse, den Rock und die Hände, die ihrem Kind vom Boden hoch halfen. Wäre ich diesen Weg normal gegangen, hätte sicher ihr Kind den Rüffel bekommen, beim Rumrennen nicht in Passanten zu stossen. Ich konnte mich weder richtig entschuldigen noch – ich gestehe – wollte ich mich bei dieser derart überreizten Tonalität wirklich entschuldigen und ging bedächtig weiter.

„Noch 50 Meter und dann sind wir bei der Busstation und du kannst ausschnaufen.“ Dort erkannte ich, dass mir die guten Geister der Warenausgabe vom Aufladen hier beim Abladen fehlten. Meine Begleiterin konnte mir gesundheitsbedingt nicht helfen und der Fauteuil würde über die Achsel gedreht, einfach zu schwer runterplumpsen. Da stand ich, überlegte, dachte, den Fauteuil über die gläserne Seitenwand der Busstation kratzfrei runterrutschen lassen zu können.

Vier Turnschuhe tauchten in meinem Blickfeld auf und fragten: „Wotsch i hälfe?“ (Oder: Darf ich helfen?).
Ich nickte stumm mit den beladenen Schultern, sah die Turnschuhe auseinandergehen, spürte eine gediegene Erleichterung, schloss die Augen und atmete tief durch. Da standen sie mit ihren akkuraten 5-Tage-Bärten und gestylten Kurzhaarfrisuren. Zwei Jungs aus dem Balkan, lachten und staunten in einem. Ich dankte herzlich.

Der Bus nahte bereits. Ich ergriff im Hosensack den Gutschein und einen Fünfliber und streckte ihnen dies eilends und dankend zu. Sekunden später hatte ich beides wieder bei mir. Mit der lakonischen Erklärung: „Wir essen kein Schweinefleisch!“

Da stand ich, lachte über Logig, Komik und Ernsthafigkeit. Sie halfen mir noch in den Bus. Ich winkte. Ade.


PS: Eine Woche später holte ich den Fussrahmen ab. Zufällig mit einem Mobility-Auto. Beim Warenlager erhielt ich einen Fauteuil mit integriertem Fussrahmen. Ich erklärte, dass ich nur den Fussrahmen bekäme. Sie schauten nach und meinten, es sei ein kompletter Fauteuil ausstehend. Ich versuchte zu erklären, blieb beim Sachverhalt hängen, insistierte noch einmal, erfolglos! Und begann zu schmunzeln. Lud unverhohlen den zweiten Fauteuil ein und bestellte später telefonisch explizit nur noch einen Fusssockelrahmen. Wie nennt sich diese Verkaufsförderung... 2 für 1?
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